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Sexualität ist im tiefsten die Sehnsucht nach Gott

In der Sexualität haben wir Sehnsüchte. Die Sehnsucht nach dem andern Geschlecht kann intensiv, ja heftig sein. Es fällt nicht schwer, sich solcher Sehnsüchte zu erinnern. Und da sagt der Mystiker Eckehart: “Mensch, du kannst dich nach nichts so sehr sehnen, wie Gott sich nach dir sehnt”. Seine Sehnsucht nach dem Menschen ist tiefer, brennender, heisser als dessen Sehnsucht nach dem andern Geschlecht. Das Intensivste, das du hier erlebst, erlebt hast, ist ein schwaches Abbild der Sehnsucht, die Gott nach dir, nach seinem geliebten Gegenüber hat.

Sehnsucht tiefer als deren Erfüllung
Sehnsucht nach dem andern Geschlecht ist im tiefsten eine Sehnsucht nach Gott, der das Geheimnis der Geschlechter, die Geschlechtlichkeit geschaffen hat. Faszination, Befriedigung kommt im Letzten von Gott. Was das andere Geschlecht uns geben kann, ist ein Abglanz Gottes. Die Vereinigung mit dem andern Geschlecht im Liebesakt ist ein Hinweis auf Grösseres: Dass Gott sich mit uns vereinen will. Der bekannte Eheberater Hans Jellouschek schreibt: ”Die Sexualität enthält ein Transzendenzpotential”. Damit meint er: Wir haben in uns eine Sehnsucht, die so gross ist, dass sie in keinem Liebesakt gestillt wird. Die Sehnsucht ist immer grösser, tiefer als ihre mögliche Erfüllung. Sie weist uns über den Partner des andern Geschlechtes hinaus. Jellouschek meint, es sei gut, wenn wir uns dessen bewusst bleiben, sonst überfordern wir den Partner. Gerade die Sexualität, wenn sie wach genug wahrgenommen wird, zeigt, wie wahr das Wort von Augustinus ist: “Unser Herz kommt nicht zur Ruhe, bis es ruht o Gott in dir”. Wer nicht in Gott ruht, erwartet deshalb von der Sexualität oft zuviel.

Ja zur geschlechtlichen Lust
Die grossen Liebenden, die christlichen Mystiker und Mystikerinnen haben darum in der Sprache der menschlichen Erotik von ihrer Gottesbeziehung gesprochen. Oft nahmen sie Formulierungen aus dem Hohelied. Es ist wirklich gut, dass das Hohelied in der Bibel steht. Trotzdem darf es nicht nur symbolisch verstanden werden. Die Bibel hat ein volles Ja zur menschlichen geschlechtlichen Lust. Und gleichzeitig gibt die Sprache der Erotik die Möglichkeit, von intensiven Erfahrungen der Vereinigung mit Gott zu sprechen. Deshalb wurde der erste Vers des Hoheliedes von Origenes - und vielen andern - so gedeutet: “O dass er - Gott - mich tränkte mit Küssen seines Mundes”.
Das weist uns auf etwas Grundlegendes hin: Religion und Sexualität sind nicht Gegner. Wer das als Christ meint, der wird Sexualität nicht in sein Leben integrieren können. Eine leider verbreitete Vorstellung besagt, als Christ müsse man Sexualität mit Moral unterdrücken, sie stehe dem geistlichen Leben im Wege. Gewiss gibt es das Laster der Unzucht und sicher gibt es keine menschliche Reife ohne Selbstbeherrschung. Doch geht der geistliche Weg tiefer als über Verbot und Willensanstrengung. Er bedeutet, dass ich meine Geschlechtlichkeit mit allen Impulsen grundsätzlich aus der Hand des Schöpfers annehme, sie “zulasse”, wie Anselm Grün betont, und menschenwürdig gestalte. Ganz Mann sein und ganz Frau sein vor Gott und mit Gott ist ein lebenslanger Lernprozess mit den unterschiedlichsten Phasen. Das wichtigste dabei ist, die Geschlechtlichkeit nicht abzuspalten, sondern in die Gottesbeziehung zu integrieren. Paulus sprach so von dieser Integration. In 1. Korinther 6, 12f antwortet er auf die Frage, ob ein Christ zur Dirne gehen könne oder nicht. In der Hafenstadt Korinth fand man alles an Freizügigkeit. Die jungen Christen mussten kräftig umlernen. Seine Ermahnung fasst Paulus so zusammen: Verherrlicht Gott mit eurem - männlichen oder weiblichen - Leibe. Und im unverbindlichen Verkehr mit der Dirne wird Gott nicht verherrlicht sondern gelästert. So ergeben sich von innen her Lebensordnungen für unser sexuelles Verhalten. Lebensordnungen helfen, dass das Leben gelingt. Sie wollen uns vor Schaden bewahren. In diesem Sinne möchten die folgenden Gedanken zu Aspekten einer christusbezogenen Sexualethik verstanden werden.


Sexuelle Phantasien
Die Fähigkeit, sich das andere Geschlecht auch nackt vorzustellen, eine Person des andern Geschlechtes in der Vorstellung zu berühren oder selbst berührt zu werden, ist eine gute Fähigkeit, mit der uns der Schöpfer begabt hat. Wo sie fehlt, ist eine Ehe erschwert bis unmöglich. Es geht also darum, diese Fähigkeit zu innern sexuellen Bildern zu würdigen, sie anzunehmen.

Auf das Auge fixiert
Zwischen Mann und Frau besteht hier ein Unterschied: Die Frau spricht allgemein mehr auf Berührung an, der Mann stark über das Auge. Richard Rohr schreibt: “Aus irgendeinem Grund ist die männliche Sexualität vor allem auf das Auge, das Sehen fixiert.” Gemeint ist das Sehen mit offenen und mit innern Augen, also die Phantasie.
Hier gilt es, ein Wort von Jesus genau zu lesen, das schon vielen ernsthaften Christen Mühe gemacht hat: “Ich aber sage euch, dass jeder, der eine Ehefrau so ansieht, dass sie begehrlich wird, hat schon Ehebruch mit ihr begangen in seinem Herzen” (Matthäus 5, 27+28).
Die Pointe der Aussage: Eine Ehe ist nicht erst gebrochen, wenn es zum Letzten gekommen ist. Sie kann schon vorher innerlich gebrochen werden. Damals war von weitem an der Kleidung sichtbar, ob eine Frau verheiratet war oder nicht. Jesus betont also: Wer in der Phantasie mit einer Frau schläft, die sich an einen andern gebunden weiss, der hat die Ehe mit ihr gebrochen. Gemeint ist also nicht ein lediger Mann, der heiraten möchte und sich Phantasien macht im Blick auf ein Mädchen, das ihm gefällt. Sonst müsste Jesus das Hohelied verurteilen, wo der Mann sich über die Brüste des Mädchens begeistert.

Spontane Bilder
Ebenso ist zu unterscheiden zwischen Phantasien, die kommen und solchen, die man sich macht, die gepflegt werden. Dass wir von Personen des andern Geschlechtes, von Verheirateten und Nichtverheirateten spontan angesprochen, ja erregt werden, dass Bilder in uns entstehen, ist ja eine schöpfungsgemässe Fähigkeit. Ich bin deshalb mit Augustinus nicht einverstanden, der sich in den “Konfessionen” seiner sexuellen Regungen anklagt, ja sogar seiner sexuellen Träume wegen. Es stimmt zwar, dass unsere Träume sich verändern, je integrierter unsere Sexualität ist. Doch scheint mir Augustinus von einem Extrem (Libertinismus vor seiner Bekehrung) ins andere gefallen zu sein.

Aktives Sehen
Hilfreich ist das Bildwort von Luther: “Dass die Vögel über meinem Kopf kreisen, dafür kann ich nichts. Aber ich kann verhindern, dass sie auf meinem Kopf ein Nest bauen."
Es gehört zu unserem Reifungsprozess, diesen Unterschied zu lernen. Je mehr wir uns fälschlich anklagen schon wegen der Phantasien, die einfach kommen, desto schwerer können wir sie loslassen. Die Übersetzung “wer eine Ehefrau so ansieht, dass sie begehrlich wird” (Klaus Haacker), macht etwas deutlich von diesem wesentlichen Unterschied: Das Sehen ist hier betont aktiv. Wird die innere Welt mit Bildern erotischer Filme gefüllt, dann kommen natürlich auch spontan mehr sexuelle Phantasien. Hier gilt es zu steuern. Die Verantwortung liegt da: Was machen wir mit den Phantasien, die einfach kommen? Hätscheln wir sie, spinnen wir sie weiter, lassen wir ganze Geschichten daraus werden? Oder können wir danken. Danke Herr, dass ich gemerkt habe, dass ich fähig bin, ein Mann, eine Frau zu sein. Danach können wir die spontan gekommenen Bilder loslassen, weil sie wie im Beispiel von Jesus unangebracht sind.

Realistisch bleiben
In Phantasien ist alles möglich, in der Realität muss man sich mit Gegebenheiten auseinandersetzen. In der Phantasie kann man sich den Idealpartner oder die Idealpartnerin aufbauen, den oder die es in Wirklichkeit nicht gibt, man hat sie oder ihn zur Verfügung, wann immer man will. Man kann vor der Realität in die Phantasie flüchten. Für Seelsorge und Therapie ist zu empfehlen, die geheimen Phantasien jemandem anzuvertrauen. In der Eheberatung lernt man viel aus den Phantasien der Partner.
Ein besonderer Aspekt der Phantasien ist die Pornographie. Weil der Mann so sehr über das Auge reagiert, schreibt Richard Rohr: “Deshalb werden vor allem Männer immer von Pornographie fasziniert sein.” Das nutzen Medien und Werbung geschickt aus. Diese Disponibilität ist die Schwäche dieser Stärke, dass Männer so sehr mit den Augen reagieren. Dies sollte zunächst einfach akzeptiert und nicht schon wegen der Neigung als Sünde bezeichnet werden. Sie kann zur Sünde führen, wenn man sich darauf einlässt. Es gilt, sich immer wieder neu zu entscheiden. Dabei geht es nicht einfach um eine Willensanstrengung, sondern darum, Sexualität und Spiritualität zu verbinden. Durch die Mutterbrust hat Gott den Beter des 22. Psalmes Vertrauen gelehrt (22, 10). Wofür könnte für den erwachsenen Mann die Frauenbrust Symbol sein? Ein Bischof der russischen Kirche ist beim Tanz einer der schönsten Tänzerinnen seiner Zeit in Tränen ausgebrochen über die Schönheit des Schöpfers. Wer so sehen lernt, wird nicht gierig sehen.


Selbstbefriedigung
Der Leiter einer christlichen Bewegung sagte mir: ”Bei Selbstbefriedigung muss man immer von Sünde sprechen.” Im (neuen) Weltkatechismus der katholischen Kirche steht: “Zur endgültigen Beurteilung der Schuld bei Selbstbefriedigung muss man die psychischen und sozialen Faktoren in Rechnung stellen, die die moralische Schuld vermindern können.” Aber ist es immer Schuld, nur jeweils eine kleinere oder grössere? Das Wort “Masturbation” meint Unzucht treiben (strupare) mit der Hand (manu).

Die Bibel schweigt
Auch intensive Selbstbefriedigung macht körperlich nicht krank. Mit der gegenteiligen Behauptung machte man Angst, in der Meinung, das helfe, aufhören zu können. Das Gegenteil gilt: Der Krampf, aufhören zu müssen und nicht zu können, kann zum Nervenzusammenbruch führen. Die Bibel sagt nirgends etwas zu Selbstbefriedigung. Die Geschichte von Onan (Genesis 38, 8-9) meint einen Coitus interruptus und keine Selbstbefriedigung. Im Rahmen der Leviratsehe, bei der ein Mann der kinderlosen Frau seines verstorbenen Bruders hätte Kinder zeugen sollen, damit der Bruder dennoch Nachkommen habe, wollte Onan das Vergnügen, aber nicht die Verantwortung; er wollte nicht Kinder aufziehen, die als die seines Bruders gelten würden. Deshalb hat er ein Verhütungsmittel angewendet, damit es nicht zur Zeugung komme. Und dieses egoistische Verhalten hat Gott bestraft. In puritanischen Kreisen unserer Kirchen ist aus “Onan” die “Onanie” geworden. Der Begriff “Unzucht” in der Bibel meint nicht Selbstbefriedigung. Alles andere ist eine willkürliche Annahme, die nicht belegt werden kann.

Problematischer Ersatz
Selbstbefriedigung kann problematische Formen annehmen. Es liegt eine Tendenz in ihr, zwanghaft zu werden, ganz besonders, wenn sie als Ersatzbefriedigung dient. Allgemeine Unlustgefühle, hervorgerufen durch schlechte Noten, das ausgelacht Werden, Einsamkeit, u.a., werden kompensiert durch Lustgewinn in der Selbstbefriedigung. Wer regelmässig eine seelische Unlust durch diese körperliche Lust kompensiert, gerät leicht in eine Abhängigkeit. Die Selbstbefriedigung als Trösterlein hat man ja stets zur Verfügung. “Oft ist die Selbstbefriedigung gar kein sexuelles Problem, sondern eine falsche Art, mit Frustrationen umzugehen. Je beziehungsärmer, je weniger kreativ jemand ist, desto mehr ist Selbstbefriedigung ein Ersatz” (Anselm Grün). Man kann sich selbst beobachten: Wann befriedige ich mich selbst? Was ging voraus? So kann verhindert werden, dass man in eine Sucht hinein rutscht. Bereits Süchtige können sich zum Ziel setzen: Statt mich selber zu befriedigen, lerne ich, besser mit Frustrationen umzugehen.

Introvertierte Betroffene
Selbstbefriedigung ist sexuelle Einsamkeit. Wenn sie auch noch nach der Pubertät in einer unreifen Form häufig vorkommt, kann das eine Personen auf sich selbst fixieren, kann Rückzug und Isolation verstärken. Beim introvertierten Typ wirkt das stärker.
Unter süchtiger Selbstbefriedigung Leidende sind oft skrupulöse Menschen. Ich spreche deshalb lieber von Kompensation mit einem falschen Mittel, von der Gefahr des Rückzuges als von Sünde, auch wenn man theologisch alles, was Reifung hindert, als Sünde, als Zielverfehlung bezeichnen könnte.

Pubertäre Phase
Selbstbefriedigung hat auch positive Seiten: jeder Mensch geht in der Pubertät durch eine Phase der Autoerotik, wo er auf sich selber bezogen ist. Zu dieser Phase passt Selbstbefriedigung. Hier grundsätzlich von Sünde zu sprechen, davon rate ich seelsorgerlich ab. In der Pubertät und frühen Adoleszenz ist Selbstbefriedigung eine Möglichkeit, sich selber kennen zu lernen. Sie ist eine Hilfe zur Lösung von Überspannung, wenn die seelisch soziale Reife zur Heirat noch nicht da ist, wenn der Geschlechtsverkehr vor der Ehe oder für Unverheiratete nicht möglich ist. Durch Selbst-“Befriedigung” kann man sich teilweise Frieden geben, sich etwas zuliebe tun. Dementsprechend wäre es ein Zeichen von Reife, unterscheiden zu können, ob das jetzt Ersatzbefriedigung in einer Frustration war oder ich mir in gewissem Sinne Frieden geben konnte, so dass ich sogar dafür danken kann. Wir dürfen Menschen keine unmöglichen moralischen Bürden auferlegen, wenn wir keine speziellen biblischen Mahnungen gegen Selbstbefriedigung haben. Der reife Umgang führt meist dazu, dass auch Nichtverheiratete sie immer weniger brauchen. Anders als bei Nichtverheirateten ist Selbstbefriedigung in der Ehe von der aktuellen Beziehung her zu beurteilen.
Ich ermutige niemanden, der es lassen kann, sich selbst zu befriedigen. Ich kenne Menschen, die bezeichnen es als Gebetserhörung, dass sie aufhören konnten. Ich bitte aber, andere nicht mit dem eigenen Massstab zu messen und nicht zu sagen: Wenn du glauben würdest, könntest du auch aufhören.


Unverheiratete und ihre Sexualität
Die Zahl alleine lebender erwachsener Männer und Frauen hat sprunghaft zugenommen. Seit 1978 ist sie in Deutschland um 58 Prozent gestiegen. Der Begriff Single ist entstanden. Dass diese Singles wechselnde Sexualkontakte haben, scheint heute selbstverständlich: “Schenk dich für eine Nacht - warum denn gleich fürs ganze Leben” ist die Devise, welche die Medien verbreiten. Horst Eberhardt Richter, Psychologe und Soziologe hat eine Langzeitstudie an der Universität Giessen durchgeführt. Er fasst die wichtigsten Merkmale vieler Singles so zusammen: Narzissmus, Selbstbehauptung, egoistische Selbstverwirklichung.
In der christlichen Gemeinde leben viele alleine, vorab Frauen. Bei ihnen trifft die Beschreibung von H. E. Richter so nicht zu. Viele möchten sehr gerne heiraten, aber es gibt einfach zu wenig passende männliche Partner in den Gemeinden. Eine Studie an der Harvard Universität löste Erschrecken aus: Frauen, die alles haben: gutes Aussehen, guten Beruf, gutes Einkommen, finden fast nie einen Mann. Frauen mit Hochschulabschluss haben mit 35 Jahren noch 5 Prozent Chance, mit 40 statistisch relevant keine mehr. Die christliche Gemeinde muss diese Situation sehr ernst nehmen, sich Gedanken machen, was diesen Frauen dient.
Wilhelm Reich hat 1972 eine Theorie verbreitet, die ledigen Christen und Christinnen die ohne Geschlechtsverkehr ihre Sexualität leben und integrieren wollen, düstere Prognosen stellte. Er behauptete, jegliche Enthaltsamkeit mache neurotisch krank. “Die Energiequelle der Neurose wird hergestellt durch die Differenz zwischen sexuellem Energieaufbau und Energieabbau. Das wichtigste Ziel der kausalen analytischen Therapie der Neurosen ist also ohne Zweifel die Herstellung orgastischer Potenz, der Fähigkeit ebensoviel an Sexualenergie abzubauen, wie aufgebaut wurde” (W. Reich “Die Funktion des Orgasmus” 1972 S. 87f). Dahinter steht das mechanistische Bild der Dampfmaschine: Unten wird geheizt, es braucht ein Ventil, das bei Überdruck Dampf ablässt: gemeint ist der Geschlechtsverkehr, der Orgasmus. Dieses Denkmodell ist aus heutigen Erkenntnissen der Psychologie und Sexualwissenschaften abzulehnen. Erfahrungen zeigen: Enthaltsamkeit führt zu keinem messbaren Sexualstau. Vielmehr lässt das Bedürfnis nach Sexualkontakt nach. Häufig genital ausgelebte Sexualität steigert dagegen viel öfter das Verlangen. Nichtverheiratete, die sexuell enthaltsam leben, werden nur neurotisch, wenn sie ihre Sexualität abschneiden, verdrängen; anstatt sie anzunehmen aus Gottes Hand und sie ohne orgastische Kontakte vielfältig zu leben. Wie das konkret möglich ist, beschreibt Anselm Grün in “Ehelos - des Lebens wegen.”


Vorehelicher Geschlechtsverkehr
In der hellenistischen und römischen Gesellschaft wurde vorehelicher Geschlechtsverkehr bei jungen Männern als üblich angesehen. Für junge Frauen der bürgerlichen Gesellschaft war er dagegen verpönt. Diese Doppelmoral führte dazu, dass die Männer mit Sklavinnen und Dirnen ihre Erfahrungen machten.

Lüge mit dem Körper
Dass und warum das bei Christen nicht mehr möglich ist, erklärt Paulus in 1. Korinther 6, 12-20: “Mit dem Geschlechtsverkehr beginnt das Ein-Leib-Sein”. Das will man ja bei der Dirne gar nicht. Der Geschlechtsverkehr mit ihr sagt schöpfungsmässig etwas, das man mit dem Herzen gar nicht will; somit lügt man mit dem Körper. Bei den Juden musste ein Geschlechtsverkehr, der vor dem ersten Eheschliessungsakt stattfand, durch Heirat legalisiert werden. Mit wem du geschlafen, den musst du heiraten - und darfst dich sogar nicht mehr von ihm scheiden lassen”, war die Regelung des Alten Testaments (Exodus 22, 15f / Deuteronomium 22, 28f). Verzichtete die Familie des betroffenen Mädchens darauf, so genügte eine Schadenersatzleistung des Mannes. Für das Mädchen konnte das aber sehr problematisch werden bei der Verbindung mit einem neuen Mann, da es nicht mehr Jungfrau war (5. Mose 22, 14).
Für Jesus gilt die Ehe als unauflöslich und beginnt mit der Geschlechtsgemeinschaft. “Ein Mann wird Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen und die zwei werden ein Leib sein”(l. Mose 2, 14).
Auf dieser Grundnorm fussen Jesus (Matthäus 19, 5) und Paulus (1. Korinther 6, 16 / Epheser 5, 31). Wer sehr rasch mit einem Freund oder einer Freundin schläft, sie wieder verlässt und jemand anderes heiratet, war nach dem Massstab der Bibel mit dem ersten Freund bzw. der ersten Freundin bereits “ein Leib”; jemand anders zu heiraten, kommt einer Scheidung gleich. Daraus ergibt sich die logische Folgerung, dass es sinnvoll ist, mit dem Geschlechtsverkehr bis zur Heirat zu warten. Denn erst dann bekennt man öffentlich: Ich werde mit dir “ein Leib” und mit niemandem mehr sonst.
Eine Freundschaft sollte man bis zuletzt echt prüfen, so dass man auch wieder auseinandergehen könnte. Dazu ist man nur frei, wenn man nicht schon zusammen geschlafen hat.

Freundschaft als echte Prüfung
Diese Sicht ist heute wieder so unverständlich wie in Korinth und Ephesus. Es ist Normalfall geworden, dass zwei, die vielleicht irgendwann einmal heiraten, vorher zusammenleben. Solches Zusammenleben vor der Heirat scheint die normale Ehevorbereitung geworden zu sein - oft auch in der christlichen Gemeinde. Ist das eine gute Vorbereitung? Eine Langzeitstudie (durchgeführt von den Soziologen Larry Bumpass und James Sweet an der Universität von Wisconsin in Madison) mit 13'000 Paaren belegt, dass bei Eheleuten, die vor der Heirat zusammengelebt haben, die Wahrscheinlichkeit einer Scheidung doppelt so hoch ist, wie bei denen, die bis zur Heirat alleine gelebt haben. Viele Soziologen waren erstaunt, standen vor einem Rätsel: Also doch keine gute Ehevorbereitung?
Der heutige Trend geht Richtung Unverbindlichkeit, man lässt alles wachsen, schaut, was wird, ohne sich festzulegen; trotzdem schläft man zusammen wie ein Paar. Dieser Trend führt nicht zu menschlicher Reife und zu reifen Beziehungen. Alfred Adler sagte anfangs dieses Jahrhunderts: “Das Konkubinat ist die Lösung der Mutlosen”. Gewiss trifft das nicht für alle zu, aber für viele. Woher sollten die Kinder geschiedener Eltern den Mut zur Ehe nehmen? Vermutlich trifft Adlers Wort heute noch häufiger zu. Was wollen Christen bezüglich Ehe im Zeitalter der Resignation vorleben: Modelle der Mutlosigkeit? Für mich ist das Konkubinat von Christen ein Armutszeugnis. Denn Gott finden heisst Mut finden.

Geschlechtsverkehr unter Verlobten?
In biblischer Zeit wurde eine Ehe in zwei Akten geschlossen. Erster Akt: Brautvater und Bräutigam begründen die Ehe durch Übereinkunft. Zweiter Akt: Die Ehe wird vollzogen durch Wohn- und Geschlechtsgemeinschaft. Der erste Akt war mehr als unsere Verlobung. Die Ehe war jetzt rechtsgültig. Ein nach dem ersten Akt gezeugtes Kind war kein uneheliches Kind.
Die wichtigste Frage heute lautet: Welche Vorbereitung dient einer guten Ehe? Das Warten mit dem Geschlechtsverkehr bis zur Heirat, zu dem sich beide freiwillig aus Einsicht entschlossen haben, dient der Ehe. Ein Grund- und Reifungsprinzip ist zu beachten: Zunehmende körperliche Intimität sollte von einer zunehmend inneren Vertrautheit und engeren Bindung an den Partner begleitet sein. Wir sollten mit dem Körper nicht mehr sagen als mit dem Herzen, Verstand und Willen. “Wir können mit dem Körper hahnenbüchener lügen als mit Worten” (Richard Rohr).
Wenn sich die innere Beziehung lockert, sollten wir bei der körperlichen Intimität zurückstecken und nicht so weiterfahren wie bisher. Frauen habe da meist ein besseres Gespür als Männer. Ein gewisses Mass an Zärtlichkeit bedeutet, dass wir das nur noch mit dieser einen Person leben und nicht gleichzeitig mit einer andern. Mit der körperlichen Intimität nimmt die Verbindlichkeit zu. Unter denen, die es sinnvoll finden mit Geschlechtsverkehr bis zur Heirat zu warten, gibt es recht verschiedene Ansichten über die Details. Die ganze Bandbreite wird von ernsthaften Christen empfohlen, von “Genitalbereich und Brüste nicht berühren vor der Heirat” bis zu “Petting für Verlobte”. Wohl das Wichtigste ist: Das Paar muss miteinander reden lernen. Sich abstimmen in allen Vorstufen des Geschlechtsverkehrs und darüber reden ist eine ganz wichtige Ehevorbereitung. Ein Paar sollte auch in den Vorstufen nichts tun, wozu nicht beide ein freies Ja haben. Wenn der Mann drei Monate vor der Hochzeit Petting möchte, der Frau aber dabei irgendwie nicht ganz wohl ist und sie tun es doch - zum Beispiel weil sie, aus Angst, dann den Mann zu enttäuschen, nichts sagt - sind das keine guten Voraussetzungen für eine Ehe.

Öffentliches Ja vor Gott
Ehe ist keine Privatsache. Die öffentliche Bekanntmachung und das ja vor Zeugen, die rechtliche Unterschrift, das öffentliche Ja vor Gott, der Zuspruch des Segens, das alles hat seelische Rückwirkungen auf ein Paar. Heirat ist auch ein Ritual. Rituale sind seelisch wichtig. Sie strukturieren das Leben: Dadurch gibt es ein Vorher und ein Nachher. Leider hat unsere Gesellschaft den Sinn für Rituale verloren. Die meisten Naturvölker haben stark in und mit Ritualen gelebt. Wir meinen, das könne dem Individualismus des Einzelnen überlassen werden und überfordern uns dadurch masslos. Darum: Es ist sinnvoll, mit dem Geschlechtsverkehr zu warten.

Text_Walter Gasser


Literatur zum Thema
Eibach Ulrich. “Liebe, Glück und Partnerschaft - Sexualität und Familie im Wertewandel”. Wuppertal: Brockhaus, 1996
Grün Anselm. “Mystik und Eros”. Kleinschrift Nr. 73. Münsterschwarzach: VierTürmeVerlag, 1993
Grün Anselm. “Ehelos des Lebens wegen”. Kleinschrift Nr. 58. Münsterschwarzach: VierTürmeVerlag, 1989.
Müller Haary und Joanne. “Bevor du Ja sagst. Eine Do-it-yourself-Starthilfe für Ehekandidaten.” Neuhausen/Stuttgart: Hänssler, 1994.
Forster Richard. “Geld, Sex und Macht - Die Realitäten unseres Lebens unter der Herrschaft Christi.” Wuppertal: Oncken, 1987



© Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung aus "Bausteine" - Zeitschrift für Ethik, Kirche und Gesellschaft, Ausgabe 2/97 - Copyright Vereinigte Bibelgruppen in Schule, Universität und Beruf VBG, CH-Zürich, www.evbg.ch

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